Regionalverband Düren e. V.

im Bund Deutscher Karneval

 
 
Ethik des Karnevals

 

Wie war das in früheren Zeiten?

 

Der Karneval ist ein Jahrhunderte altes Brauchtum, das in unserer heimatlichen Region spezielle Ausprägungen hat. Wenn man aus der Geschichte weiss, dass schon die alten Römer, die hier bei uns viele Orte und Städte gegründet haben, im Frühjahr Feste abhielten, bei denen die damals herrschende Gesellschaft eben für diese Tage auf den Kopf gestellt wurde, dann vermutet man hier einen der Ursprünge unseres heutigen Brauchtums. Die Dienerschaft feierte und ahmte dabei die Herrschaft und ihr Verhalten nach. Solche Feste wurden von unseren Vorfahren übernommen und auf ihre Verhältnisse übertragen. Aber auch andere - manchmal ortsbezogene - Rituale oder Verhaltensweisen bildeten sich im Karneval aus und fanden sich unter dieser Überschrift zusammen.

 

Weil es sich Schritt für Schritt durch die Jahrhunderte entwickelte, ist verständlich, dass hierzu keine schriftliche Festlegung von Regeln erfolgen konnte und auch nicht erfolgt ist. Es gibt nur kurze Einzeldarstellungen in den Beschreibungen in den unterschiedlichsten geschichtlichen Nachweisungen. Die Karnevalssitten waren mitunter recht roh und aus heutiger Sicht mitunter auch nur bedingt erträglich. So wurde manchem Soldaten ein Sack über den Kopf gezogen und eine Tracht Prügel angedeihen lassen. Auch waren mitunter Frauen an den tollen Tagen "Freiwild". Verständlich, dass sich die Obrigkeit so etwas nicht gefallen ließ oder zumindest ungern sah. Manche Zeitgenossen meinten, alles sei erlaubt unter dem Deckmantel Karneval. 

 

Ist dies auch heute noch so?

 

Der napoleonischen und der nachfolgenden Preußenzeit war der Karneval suspekt. Verbote wurden ausgesprochen. Daraufhin trafen sich 1823 honorige Kölner Bürger in der "olympischen Gesellschaft" und versuchten das karnevalistische Brauchtum so zu ordnen, dass es für alle erträglich und vor allem für die damalige Obrigkeit genehmigungsfähig wurde. Das war der Beginn des organisierten Karnevals, so wie wir ihn heute unter dem Dach des Bund Deutscher Karneval (BDK) feiern. 

Der BDK achtet auf die tradierten Werte des Karnevals und hat begleitende Regeln erstellt. Diese Regeln gelten zunächst natürlich nur für die ihm angeschlossenen Gesellschaften - die sich mit ihrem Beitritt zur Beachtung dieser Regeln verpflichtet haben. Dass man natürlich auch außerhalb des BDK unter dem Begriff "Karneval" feiern kann ist halt so. 

 

Die Regeln des BDK hat dieser unter anderem in seiner Ethikcharta niedergeschrieben. Zudem hat er speziell zum Verhalten außerhalb der Brauchzeit eine Leitlinie zum Sommerkarneval veröffentlicht. Diese beiden für jeden im Internet über die BDK-Seite erreichbaren Schriftgüter beschreiben das, was der BDK im Karneval unter seinem Dach will. Wenn man also Kommerzialisierung und Beliebigkeit im Karneval will, so kann man sich dem hingeben, aber bitte außerhalb des BDK.

 

Beliebigkeit und Kommerzialisierung

 

Zur Beliebigkeit gehört, dass man persönliche Wünsche, die oft von einem unbändigen (Selbst-) Darstellungsgehabe entspringen, über die tradierten oder auch festgeschriebenen Regeln des Karnevals im BDK stellt. Dem kann man sich hingeben, aber bitte außerhalb des BDK.

 

Zu den Regeln des BDK gehört, dass man sich an die festgelegten Brauchzeiten hält - das heißt: am Aschermittwoch ist Schluss mit karnevalistischem Gehabe. Daraus folgt, dass unsere karnevalistischen Kostüme eingepackt werden und erst in der nächsten Session wieder hervorgeholt - dies gilt für alle Kostüme und dementsprechend auch für Prinzenkostüme, die in der neuen Session nur den neuen zustehen.

 

Dass sich das Brauchtum Karneval auch mit dem gesellschaftlichen Leben weiter entwickeln darf und muss, bestätigt auch der BDK. Die Grenze zur Beliebigkeit wird aber erreicht, wenn man den Begriff der Tollität oder der Tollitäten über die Grenzen von Prinz, Prinzenpaar und Dreigestirn hinaus erweitern will, wenn es nicht schon regional spezifische andere Konstellationen wie Äzebär o. Ä. gibt. Eine Prinzessin oder ein weibliches Dreigestirn sind der - Gott sei Dank - in unserer Gesellschaft immer mehr Raum greifenden Gleichberechtigung gerne geschuldet. Ob dies aber auch für ein gemischtes Dreigestirn aus Männern und Frauen gilt, sei dahingestellt. Nicht ohne Grund ist der Karneval im Kölner Festkomitee nach der Nazi-Zeit wieder zu der alten Regelung zurückgekehrt. 

 

Zur Kommerzialisierung zählen Bestrebungen, mit dem Karneval immer (noch) mehr Geld zu machen. Dies gilt sicher nicht für die Kräfte, die wir für unsere Veranstaltungen im Karneval benötigen und ohne die wir in dieser Zeit nicht auskommen. Das dabei aufkommende Problem, dass manche Künstler ihren Lebensunterhalt auch für den Rest des Jahres erwirtschaften müssen, ist bekannt. Hieran ist auch nichts Anstößiges zu sehen. 

 

Wird jedoch den Auftritten außerhalb der eigentlichen Brauchzeit ein Anstrich des Karnevals mitgegeben, so ist das bedenklich. Ebenso verhält es sich mit Veranstaltungen privater Betreiber, die den Begriff Karneval außerhalb der Brauchzeit verwenden. Das können sie machen, aber bitte nicht mit uns. Wenn wir dem durch unseren Besuch Zustimmung signalisieren, werden diese Veranstaltungen immer mehr Raum greifen und zu unseren Veranstaltungen im Winter kommt dann kaum noch einer - das Brauchtum wäre in Gefahr.

 

Wer also Beliebigkeit und Kommerzialisierung sucht, mag dies tun, aber bitte nicht unter den Dächern von RVD und BDK.

 

Düren im Juni 2015

hk